Als Nico Schlotterbeck um kurz vor halb sieben den Rasen des Dortmunder Westfalenstadions erstmals mit der Kapitänsbinde am Arm betrat, hätte er wohl nicht gedacht, dass er an diesem Abend einmal mehr in die Rolle des Abwehrchefs würde schlüpfen müssen.
Denn es dauerte nur 18 Minuten, bis die etablierte BVB-Innenverteidigung mit Waldemar Anton gesprengt wurde: Der Neuzugang vom VfB Stuttgart hatte sich verletzt, Niklas Süle kam rein.
Schlotterbeck nahm die Rolle an - die des Kapitäns, und die des Abwehrchefs, welche er bereits kennt. „Ich war extrem nervös“, gestand er nach Abpfiff am Sky-Mikro. „Ich habe den BVB mit 24 Jahren angeführt. das ist nicht selbstverständlich.“
Vielmehr sehe er das Kapitänsamt im prestigeträchtigsten Spiel der Bundesliga als „Anerkennung für meine Leistungen“. „Ich bin seit drei Jahren hier. Hätte mir das jemand damals gesagt, ich hätte ihn für verrückt erklärt. Ich packe mir das Trikot ein und nehme es mit nach Hause.“ Um ein Haar hätte er darin noch einen 1:0-Heimsieg gefeiert. Doch in der 85. Minute drosch Leroy Sané einen Freistoß aus nächster Nähe in die Mauer. Süle, voll getroffen, blieb liegen, der Ball kam zu Michael Olise. Der flankte und fand in der unsortierten BVB-Hintermannschaft Jamal Musiala. das 21 Jahre alte Wunderkind nickte ein und sicherte den Bayern so noch einen Punkt.
Schlotterbeck habe mit Schiedsrichter Sven Jablonski über die Szene gesprochen. „Für ihn war es keine schwere Verletzung. Er hat super gepfiffen. Ich hätte in der Situation abgepfiffen. Süle war dann unsortiert, Jamal Musiala köpft gut ein“, konstatierte der Innenverteidiger.
So sollte der Geniestreich von Jamie Gittens, der in der 27. Minute Konrad Laimer per Tunnel-Finte stehen und Manuel neuer im Bayern-Tor anschließend keine Chance ließ, nicht reichen. „Ich wollte hinter ihn kommen und mir Platz verschaffen, dann habe ich getroffen“, sagte Gittens, der von einer „total verrückten“ Atmosphäre sprach. „Das gibt mir die Energie, um abzuliefern.
Am Ende steht ein gerechtes 1:1, auch für Schlotterbeck und Gittens. „Bayern hat gut gedrückt. Wenn du so lange führst willst du natürlich gewinnen. Am Ende können wir aber auch glücklich sein, dass wir nicht noch das zweite Gegentor kassiert haben“, sagte der Dortmunder Aushilfskapitän.